Seiten

Montag, 19. September 2011

Schönheit ist ein wankelmütig' Maß...

Dieses Gedicht (entstanden im März 2006) passt stilistisch und inhaltlich überhaupt nicht zum Rest der Sammlung. Es ist rebellisch, direkt und erkennbar von Volly Tanners unverblümter Ausdrucksweise beeinflusst. Auf Lesungen war es immer eine willkommene Auflockerung. Mehr muss ich nicht erklären, ich denke, es spricht für sich selbst.

Schönheit ist ein wankelmütig' Maß...

Da laufen sie, die Knochenhuren
auf den Brettern, die das Geld bedeuten
In ihren leeren Augen thront der Stolz
auf hautbespannte Beckenknochen
Mit stolz geschwellter Knabenbrust
und klapperdürren Stelzenbeinen
schwanken sie den Steg entlang
wie es ein Dromedar nicht besser könnte
Ihr falsches Lächeln verzaubert
dekadente Männer scharenweise
O seht die laufenden Skelette,
wie anmutig sie wandeln!
Und ihre Rippen seh' ich alle
wie sind sie wohlgeformt!
Und sie verkaufen sich, erbrechen sich
die Hungertücher tragen sie
wie sündhaft teure Mäntel
und kränken so in dummer Einfalt
die wahren Hungerleider
O Welt, wie bist du alt geworden,
dass dich des Weibes Üppigkeit
nicht mehr erregt!
Gerippe sollen in die Erde,
nicht ins Rampenlicht

Creative Commons Lizenzvertrag
Schönheit ist ein wankelmütig' Maß... von Stefan Reichelt steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen