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Donnerstag, 29. September 2011

Dichterschwur

Als Dichter verfolgt man in der Regel ein bestimmtes Ziel. Manche Ziele sind egoistischer Natur, manche gar politisch. Ein Gedicht transportiert Meinungen und Emotionen und manchmal weiß der Poet selbst nicht, was er mit seinen Worten unbewusst von sich preis gibt. Eine starke Triebfeder und Inspirationsquelle ist die Unzufriedenheit. Vielleicht steht der Schreiberling gerade im Regen an einer roten Ampel, als ihm die Idee zu einem Gedicht über eine einsame, sommerliche Blumenwiese in den Sinn kommt. Vielleicht sitzt er aber auch auf ebensolcher Blumenwiese und wünscht sich, nicht allein dort zu sitzen, was ihn zu einem Liebesgedicht inspiriert.
Beide Gedichte werden das Streben nach einem harmonischen, stressfreien, glücklichen Dasein mit sich tragen.

Auch mein Schaffen ist von der Sehnsucht nach einem friedlichen Miteinander geprägt. Nicht umsonst ist Hans Christian Andersen eines meiner literarischen Vorbilder. Ich denke, dass es uns Erwachsenen gut tut, ab und zu die Welt aus einer (früh-)kindlichen Perspektive zu sehen. Ein Marienkäfer, der einen Baum hinauf krabbelt, kann (und sollte) wesentlich mehr Freude bereiten, als der aktuelle Kontostand. Der Respekt vor scheinbar unwichtigen Details - und die wertfreie Neugier darauf - hilft uns, fremde Sichtweisen zu verstehen und mit der Erkenntnis umzugehen, dass das Unbekannte, Unerwartete auch völlig neue Denkansätze liefern kann und nicht zwangsläufig eine Gefahr darstellt. Genau diese Erkenntnis ist eine Grundlage für ein funktionierendes soziales Umfeld, im Großen wie im Kleinen.
2005 fasste ich dieses Arbeitsmotto wie folgt zusammen:


Dichterschwur

wenn auch nur ein Vogel heller singt
und nur eine Träne des Schmerzes
einer Träne der Erleichterung weicht
wenn auch nur eine Hand, zum Schlag erhoben,
nieder sinkt und tröstend streichelt
wenn auch nur ein längst tot geglaubtes Herz
neu entflammt und innig liebt

dann hab ich nicht umsonst geschrieben
und nicht umsonst gelebt
dann bin ich schon zufrieden

doch schreibend wirken werde ich,
bis dass der Tod mir reißt die Feder aus der Hand
dies sei mein heil’ger Eid.

Creative Commons Lizenzvertrag
Dichterschwur von Stefan Reichelt steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.

1 Kommentar:

  1. "Phantasie ist wichtiger als Wissen...", deshalb freue ich mich, dass du dir deine Phantasie bewahrt hast. Weiter so! Opa

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