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Samstag, 13. April 2013

Ewigkeit

Ungereimte Gedichte wirken auf den ersten Blick einfacher, sind aber ungleich schwerer zu schreiben als Gedichte in fester Vers- und Reimform. Der Dichter hat nichts, woran er sich beim Schreiben "festhalten" kann, kein Schema, dem er wirklich folgen muss. So muss er sich komplett auf sein Gefühl verlassen, wenn er seine Gedanken niederschreibt. Dabei muss jedes Wort und jede Formulierung perfekt sitzen, weil das Ergebnis sonst einfach nur plump wirkt. Oder wie ich es einmal (so ungefähr) angesichts eines politischen Gedichts von *dem* Günter Grass formulierte:

Untereinander
geschriebene Worte
irgendwie
in Versform verpackt
wirken nicht zwangsläufig
intelligenter
und bilden noch lange kein
Gedicht.

Man kann sagen: Wenn ich unbedingt etwas dichten will, aber gerade an Inspirationsmangel leide, reime ich. Wenn ich gerade von der Muse geküsst wurde, geht es auch ohne Reimschema. Das folgende Gedicht ist ein ganz frisches Beispiel für Letzteres.

Ewigkeit

Irgendwo
über dem Regenbogen
verglühen Sterne nicht umsonst
Sternenstaubpartikel tanzen
in den Strahlen fremder Sonnen
Finden einander,
vereinen sich
und bilden Wesen,
die sich wundern
wie sie entstanden sind

Auch in dir, mein Kind,
leben Sterne weiter
Wir sind aus Sternenstaub gemacht
Im Wissen dieses unfassbaren Glücks
sind Endlichkeit und Zeit bedeutungslos
Nach Myriaden Jahren
schauen wir hinaus ins All
und staunen

Nimm meine Hand, ich leite dich
ein Stück, bis du den Weg erkennst
und schütze dich, solang ich es vermag
Dann flieg ich weiter durch das All
und ziehe meine Bahnen immer nah bei dir
Glaube nie, du bist allein
Denn Sternenstaubpartikel
tanzen immer weiter
in die Ewigkeit



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Ewigkeit von Stefan Reichelt steht unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.

Das Bild "Sternenherz" steht unter CC BY-SA 2.0 - Lizenz, da es unter Verwendung von folgendem Bild aus Wikimedia Commons erstellt wurde:
http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AM45_-_Pleiades.jpg